Ausländerrecht
für die Polizei
von Volker Westphal und Edgar Stoppa Informationen zum internationalen, europäischen und nationalen Ausländerrecht seit
02.09.2000 im Internet |
Sie sind auf der Seite : EU Osterweiterung 2004 und EU-Beitritt Bulgariens
und Rumäniens 2007 |
Beitritt Bulgarien und Rumäniens zur EU am
01.01.2007 Bulgarien und Rumänien
sind am 01.01.2007 der EU beigetreten. Damit sind 29 Millionen Menschen neue EU-Bürger geworden. Für
beide Staaten bestehen Übergangsregelungen - auch im Ausländerrecht -
wie für die Staaten, die zum 01.05.2004 im Rahmen der EU-Osterweiterung der
EU beigetreten sind. Zahlreiche deutsche Rechtsvorschriften wurden
entsprechend angepasst (vgl. BGBl. I 2006 S. 2814 ff). Dadurch
ist insbesondere die Arbeitnehmerfreizügigkeit für 2 Jahre ausgesetzt
- wobei die Beschränkung um weitere 5 Jahre verlängert werden kann.
Deutschland kann für 5 Jahre zudem die Dienstleistungsfreiheit für
bulgarische und rumänische Unternehmen - u.a. im Bereich des Baugewerbes –
beschränken, was durch die Bundesregierung auch erfolgt ist (siehe BANZ v.
30.12.2006). Das Schengen-Recht kommt zunächst nur teilweise zur
Anwendung. So werden die Grenzen zwischen den alten Schengen-Staaten und
Bulgarien/Rumänien weiterhin kontrolliert und die beiden Staaten wenden noch
nicht das Schengen-Visumregime an. Grundsätzlich genießen Bulgaren und
Rumänen aber die Rechte der EU-Bürger - insbesondere das allgemeine
Freizügigkeitsrecht - und sind damit ausländerrechtlich nicht anders zu
behandeln als die „alten EU-Bürger“. Der EU-Beitritt Bulgariens
und Rumäniens erfolgte, obgleich noch Zweifel daran bestehen, dass
die beiden Staaten die in den Verträgen zugesagten und noch erforderlichen
Reformen zur Erfüllung aller Voraussetzungen für eine EU-Mitgliedschaft
durchsetzen. Nachdem die EU-Kommission den beiden Staaten jedoch in dem Fortschrittsbericht vom 26.09.2006
trotz erheblicher Bedenken (u.a. mangelnde Korruptionsbekämpfung, Missstände
in der Verwaltung und Probleme im Bereich der Grundrechte), grünes Licht für
den EU-Beitritt gegeben hat, konnte der Beitritt zum 01.01.2007 erfolgen. In der ausländerrechtlichen Praxis wird insbesondere die - nach wie vor
umstrittene - Frage aufkommen, wie mit Bulgaren und Rumänen zu verfahren ist,
die nach Maßgabe des AuslG1990 oder des AufenthG
ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben wurden. Wir vertreten die
Auffassung, dass die durch diese Maßnahmen ausgelöste Sperrwirkung (§ 8 II
AuslG1990; § 11 I AufenthG) nach dem Statuswechsel
hin zum EU-Bürger nicht mehr zur Wirkung kommt, da für die Betroffenen nun
das EU-Recht gilt und auch das FreizügGEU keine
Fortgeltung der Sperren des allgemeinen Ausländerrechts vorsieht (Westpha/Stoppa InfAuslR 2004, 133 [137]; siehe auch Report Nr. 13 Seite
1; ebenso Dienelt, Freizügigkeit nach der
EU-Osterweiterung 2004 S. 151 ff; Gutmann, InfAuslR
2005, 125). Diese Auffassung ist
mittlerweile in der Rechtsprechung
überwiegend bestätigt worden (OVG
Berlin-Brandenburg B. v 15. 03. 2006, Az: 8 S
123.05 InfAuslR 2006, 259; dgl. v. 18.10.2005 Az: 8 S 39.05; OLG Hamburg B. v. 21.11.2005 1 Ws 212/05;
VG Berlin, B. v. 28.10.2005 VG 15 A 275.05; ebenso für nicht bestandskräftige
Sperren VGH Kassel, B. v. 29.12. 2004 12 TG 3212/04; aA
aber OVG Hamburg v. 22.03.2005 3 Bf 294/04; VG
Sigmaringen U. V. 22.02.2005 4 K 16/05). Arbeitsgenehmigung für Beitrittsstaater Die nachfolgenden
Erläuterungen gelten entsprechend auch für die Staatsangehörigen von Bulgarien und Rumänien deren Staaten zum 01.01.2007
der EU beigetreten sind. Im Report 11 April 2004 und
in unserem Aufsatz über die EU-Osterweiterung (InfAuslR
2004, 133 [135]) haben wir ausgeführt, dass Beitrittsstaater
(BSt.), sofern sie am 1. Mai 2004 oder später für
einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten auf dem
deutschen Arbeitsmarkt zugelassen waren, keinerlei Arbeitsgenehmigung (mehr)
benötigen (ebenso Fehrenbacher ZAR 2004, 240
[244]). Beispiele: Ein BSt lebt und arbeitet mit einer unbefristeten
Aufenthaltserlaubnis seit 1998 in Deutschland. Er benötigt ab dem 01.05.2004
keine Arbeitsgenehmigung. Ein anderer nimmt im Sommer 2004 aufgrund einer
Arbeitsgenehmigung eine Beschäftigung auf. Er benötigt 12 Monate lang eine
konstitutive Arbeitsgenehmigung, danach keine mehr. Im Hinblick auf die
Osterweiterung und die Übergangsregelungen in der Beitrittsakte wurden die arbeitsrechtlichen
Vorschriften in Deutschland geändert (Gesetz über den Arbeitsmarktzugang im
Rahmen der EU-Erweiterung v. 23.04.2004, BGBl. I S.
602). Nach § 12 a I der Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV), wird Beitrittsstaatern, sofern sie am 1. Mai 2004 oder später
für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten im
Bundesgebiet zum Arbeitsmarkt zugelassen waren, abweichend von § 286 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch eine Arbeitsberechtigung
erteilt. Demgegenüber gewährt der
Beitrittsvertrag den Beitrittstaatern, die diese
12-Monatsvoraussetzung in einem Mitgliedstaat der EU erfüllt haben,
unmittelbar den Zugang zum Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats (vgl. z.B. für
Polen ANHANG XII Nr. 2 Freizügigkeit, Ziffer 2, ABlEU
L 236 v. 23.09.2003 S. 876). Der Zugang zum deutschen
Arbeitsmarkt besteht dann - wie bei jedem anderen (bisherigen) EU-Bürger-
unmittelbar kraft EU-Recht (Art. 39 EGV, VO-EG-1612/68) unabhängig von einer
nationalen Genehmigung. Das EU-Recht hat Anwendungsvorrang vor dem nationalen
Gesetz und verdrängt die nationale Genehmigungspflicht. Die gem. § 12 a I ArGV
vorgesehene Arbeitsberechtigung kann daher keine konstitutive Wirkung,
sondern nur deklaratorische Bedeutung haben. Aufgrund des vorrangigen
EU-Rechts besteht keine Pflicht sie zu besitzen. Angesichts der Tatsache,
dass die Zulassung eines Beitrittstaaters zum
Arbeitsmarkt sich nicht einfach aus der Staatsangehörigkeit (EU-Bürgerschaft)
ergibt, wollte man wohl dem Zugangsberechtigten eine (gebührenfreie)
deklaratorische Arbeitsberechtigung an die Hand geben. Damit kann er sein
Zugangsrecht jederzeit belegen. Dies ist insbesondere bei einer Bewerbung
gegenüber einem Arbeitgeber oder bei Kontrollen hilfreich. Ungeachtet dieser
Nützlichkeitserwägungen begründet § 12 a ArGV aber angesichts des Anwendungsvorrangs
des EU-Rechts keine Verpflichtung zur Beschaffung der Arbeitsberechtigung.
Ein Beitrittstaater, der die 12 Monats-Voraussetzungen
erfüllt hat, darf auch ohne eine Arbeitsberechtigung (weiter) arbeiten.
Insbesondere darf das „Fehlen“ dieser deklaratorischen Berechtigung nicht
sanktioniert werden (keine OWi gem. § 404 SGB III).
Dies wäre u.a. mit dem Diskriminierungsverbot (Art. 39 II EU-Vertrag)
unvereinbar, denn weder darf von deutschen Staatsangehörigen noch von den
bisherigen EU-Bürgern, die ebenfalls den unbeschränkten Zugang zum deutschen
Arbeitsmarkt haben, eine - wenn auch nur deklaratorische - Arbeitsgenehmigung
verlangt werden. Man hätte dies deutlicher
hervorheben können, z.B. in dem in diesen Fällen für die Berechtigten auf
Antrag eine „Bescheinigung über den unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt“
vorgesehen wäre. Damit hätte eine deutliche Abgrenzung zu einer konstitutiven
Arbeitsberechtigung vorgenommen werden können. Den Beitrittsstaatern
und vielen Behördenmitarbeitern wird diese Problematik wohl nicht so ohne
weiteres geläufig sein.
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§ 284 SGB III Arbeitsgenehmigung-EU für
Staatsangehörige der neuen EU-Mitgliedstaaten (1)
Staatsangehörige der Staaten, die nach dem Vertrag vom 16. April 2003 über
den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik
Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der
Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der
Slowakischen Republik zur Europäischen Union (BGBl.
2003 II S. 1408) der Europäischen Union beigetreten sind, und deren freizügigkeitsberechtigte
Familienangehörige dürfen eine Beschäftigung nur mit Genehmigung der
Bundesagentur für Arbeit ausüben und von Arbeitgebern nur beschäftigt werden,
wenn sie eine solche Genehmigung besitzen, soweit nach Maßgabe des
EU-Beitrittsvertrages abweichende Regelungen als Übergangsregelungen der
Arbeitnehmerfreizügigkeit Anwendung finden. Dies gilt für die
Staatsangehörigen der Staaten entsprechend, die nach dem Vertrag vom 25.
April 2005 über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen
Union (BGBl. 2006 II S. 1146) der Europäischen
Union beigetreten sind. (2) Die
Genehmigung wird befristet als Arbeitserlaubnis-EU erteilt, wenn nicht
Anspruch auf eine unbefristete Erteilung als Arbeitsberechtigung-EU besteht. 2Die
Genehmigung ist vor Aufnahme der Beschäftigung einzuholen. (3) Die
Arbeitserlaubnis-EU kann nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 bis 4 und 6 des Aufenthaltsgesetzes
erteilt werden. (4) Ausländern
nach Absatz 1, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland
haben und eine Beschäftigung im Bundesgebiet aufnehmen wollen, darf eine
Arbeitserlaubnis-EU für eine Beschäftigung, die keine qualifizierte
Berufsausbildung voraussetzt, nur erteilt werden, wenn dies durch
zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist oder aufgrund einer
Rechtsverordnung zulässig ist. Für die Beschäftigungen, die durch
Rechtsverordnung zugelassen werden, ist Staatsangehörigen aus den
Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Absatz 1 gegenüber
Staatsangehörigen aus Drittstaaten vorrangig eine Arbeitserlaubnis-EU zu
erteilen, soweit dies der EU-Beitrittsvertrag vorsieht. (5) Die
Erteilung der Arbeitsberechtigung-EU bestimmt sich nach § 12a Arbeitsgenehmigungsverordnung. (6) Das
Aufenthaltsgesetz und die aufgrund des § 42 des Aufenthaltsgesetzes
erlassenen Rechtsverordnungen zum Arbeitsmarktzugang gelten entsprechend,
soweit sie für die Ausländer nach Absatz 1 günstigere Regelungen enthalten.
Bei Anwendung der Vorschriften steht die Arbeitsgenehmigung-EU der Zustimmung
zu einem Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes gleich. (7) Ein vor
dem Tag, an dem der Vertrag vom 25. April 2005 über den Beitritt der Republik
Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (BGBl.
2006 II S. 1146) für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist,
zur Ausübung der Beschäftigung eines Staatsangehörigen nach Absatz 1 Satz 2
erteilter Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung gilt als
Arbeitserlaubnis-EU fort, wobei Beschränkungen des Aufenthaltstitels
hinsichtlich der Beschäftigungsbedingungen als Beschränkungen der
Arbeitserlaubnis-EU bestehen bleiben. Ein vor diesem Zeitpunkt erteilter Aufenthaltstitel,
der zur unbeschränkten Ausübung einer Beschäftigung berechtigt, gilt als
Arbeitsberechtigung-EU fort. Auszug
aus ANHANG XII zur Beitrittsakte: Liste nach Art. 24 der Beitrittsakte zu
Polen (Anmerkung:
Entsprechende Regelungen bestehen für alle anderen Beitrittsstaaten mit
Ausnahme für Malta und Zypern. Hervorhebungen nicht im Original) 2.
Freizügigkeit …. 13. Um
tatsächlichen oder drohenden schwerwiegenden Störungen in bestimmten
empfindlichen Dienstleistungssektoren auf ihren Arbeitsmärkten zu begegnen,
die sich in bestimmten Gebieten aus der länderübergreifenden
Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Art. 1 der RL 96/71/EG ergeben
könnten, können Deutschland und Österreich, solange sie
gemäß den vorstehend festgelegten Übergangsbestimmungen nationale Maßnahmen
oder Maßnahmen aufgrund von bilateralen Vereinbarungen über die Freizügigkeit
polnischer Arbeitnehmer anwenden, nach Unterrichtung der Kommission
von Art. 49 I des EG-Vertrags abweichen, um im Bereich der Erbringung von
Dienstleistungen durch in Polen niedergelassene Unternehmen die zeitweilige
grenzüberschreitende Beschäftigung von Arbeitnehmern einzuschränken, deren
Recht, in Deutschland oder Österreich eine Arbeit aufzunehmen, nationalen
Maßnahmen unterliegt. Folgende Dienstleitungen können von der Abweichung in
Deutschland betroffen sein: Die
betroffenen Sektoren siehe Report Nr. 11 Seite 6 |