Ausländerrecht für die Polizei

von Volker Westphal und Edgar Stoppa

 

Informationen zum internationalen, europäischen

und nationalen Ausländerrecht

seit 02.09.2000 im Internet

 

 

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Ausgewählte Urteile des Gerichtshofs der Europäischen

Gemeinschaft (EuGH)

 

 

EuGH U. v. 27.10.1977 «  Bouchereau » Rs. 30/77

1. Gemeinschaftsrecht – Mehrsprachige Texte – Einheitliche Auslegung – Abweichungen zwischen den verschiedenen sprachlichen Fassungen –c Allgemeiner Aufbau und Zweck der fraglichen Regelung als Bezugspunkt

2. Freizügigkeit – Maßnahme im Sinne des Artikel 3 Absätze 1 und 2 der RL 64/221 – Begriff – Empfehlung eines Gerichts an die Verwaltungsbehörde einen Angehörigen  eines anderen Mitgliedstaats auszuweisen – Entschluss - Voraussetzungen

3. Freizügigkeit – Beschränkungen – Begründung –Strafrechtliche Verurteilung - Begrenzung – Persönliches Verhalten, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt (RL des Rates Nr. 64/221, Artikel 3 Absatz 2)

4 . Freizügigkeit – Beschränkungen – Begründung – Öffentliche Ordnung – Begriff (EWG-Vertrag Artikel 48)

 

Kernaussage: Eingriff in das Freizügigkeitsrecht nur bei tatsächlicher und hinreichend schwerer Gefährdung der öffentlichen Ordnung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

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EuGH U. v. 14.07.1977 “Sagulo, Brenca und Bakhouche“ Rs. 8/77

1. Freizügigkeit – Staatsangehörige der Mitgliedstaaten – Recht auf Einreise und Aufenthalt – Unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht fließendes Recht – Nachweis – Besondere Aufenthaltsbescheinigung – Ausstellung – Deklaratorische Wirkung – Keine Gleichstellung mit einer Aufenthaltserlaubnis - Kein Ermessensspielraum der innerstaatlichen Stellen (EWG-Vertrag; Artikel 48; RL Nr. 68/360; Artikel 4)

2. Freizügigkeit – Staatsangehörige der Mitgliedstaaten - In der RL Nr. 68/360 vorgesehene Bescheinigung – Aufenthaltserlaubnis – Verlangen durch einen Mitgliedstaat – Sanktionen – Unzulässigkeit (RL Nr. 68/360, Artikel 4 Absatz 2 und Anlage)

3. Freizügigkeit – Staatsangehörige der Mitgliedstaaten – Aufenthaltserlaubnis – Innerstaatliche Bestimmungen – Unvereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht – Verletzung – RL Nr. 68/360 – Innerstaatliche Durchführungsmaßnahmen – Verletzung – Strafverschärfung - Unzulässigkeit

4. Freizügigkeit – Staatsangehöriger der Mitgliedstaaten – In der RL Nr. 68/360 vorgesehene Ausweispapiere – Ahndung – Art des Begangenen Verstoßes - Verhältnismäßigkeit (EWG-Vertrag, Artikel 7 ; RL Nr. 68/360)

 

Kernaussage: Die Aufenthaltserlaubnis-EU hat nur deklaratorische Bedeutung.

 

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EuGH U. v. 18.05.1982 “Adoui” Rs. 115 und 116/81

1. Freizügigkeit - Ausnahmen - Gründe der öffentlichen Ordnung - Begriff - Hinreichend schwerwiegendes Verhalten - Kriterien (EWG-Vertrag , Artikel 48 Absatz 3 Und Artikel 56 Absatz 1)

2. Freizügigkeit - Ausnahmen - Gründe der öffentlichen Ordnung - Durch den Einzelfall nicht gerechtfertigte Maßnahmen - Unzulässigkeit (RL 64/221 des Rates, Artikel 3 Absatz 1)

3. Freizügigkeit - Ausnahmen - Ausländerpolizeiliche Entscheidungen - Ordnungsgemäß ausgewiesene Personen - Neuer Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis - Verpflichtung des Aufnahmestaats zur Prüfung - Recht des Betroffenen auf Zugang zum Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats während der Prüfung - Kein Recht (EWG-Vertrag, Artikel 48 Absatz 3)

4. Freizügigkeit - Ausnahmen - Ausländerpolizeiliche Entscheidungen - Ausweisung - Begründung - Umfang der Verpflichtung

5. Freizügigkeit - Ausnahmen - Ausländerpolizeiliche Entscheidungen - Verfahren vor der zuständigen Stelle bei der Prüfung und Stellungnahme - Zuständige Stelle - Voraussetzung - Wahrnehmung der Aufgaben in völliger Unabhängigkeit - Gerichtliche Instanz - Aus Richtern bestehende Instanz - Nicht erforderliche Voraussetzungen (RL 64/221 des Rates, Artikel 9)

6. Freizügigkeit - Ausnahmen - Ausländerpolizeiliche Entscheidungen - Verfahren vor der zuständigen Stelle bei der Prüfung und Stellungnahme - Unmittelbare Anrufung der zuständigen Stelle durch den Betroffenen - Zwingend vorgeschriebene Modalität - Nein - Befugnisse der Mitgliedstaaten - Grenzen (RL 64/221 des Rates, Artikel 9 Absatz 2)

7. Freizügigkeit - Ausnahmen - Ausländerpolizeiliche Entscheidungen - Verfahren vor der zuständigen Stelle bei der Prüfung und Stellungnahme - Anwendung der innerstaatlichen Verfahrensvorschriften - Voraussetzungen (RL 64/221 des Rates, Artikel 9

 

Kernaussage: Freizügigkeitsbeschränkung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, nur unter Beachtung des Diskriminierungsverbots.

Zudem zum Thema: Wirkung einer Einreisesperre.

 

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EuGH U. v. 17.04.1986 “Reed” Rs. 59/85

1. Freizügigkeit - Arbeitnehmer - Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen - Ehegatte - Begriff (VO Nr. 1612/68 des Rates, Artikel 10 Absatz 1)

2. Freizügigkeit - Arbeitnehmer - Gleichbehandlung - Soziale Vergünstigungen - Begriff - Zusammenwohnen mit einem ledigen Partner - Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis für den ledigen Partner eines Arbeitnehmers, der die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzt, unter denselben Voraussetzungen wie für den ledigen Partner eines eigenen Staatsangehörigen (EWG-Vertrag, Artikel 7 und 48; VO Nr. 1612/68 des Rates, Artikel 7 Absatz 2)

 

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EuGH U. v. 02.02.1989 “Cowan” Rs. 186/87

Gemeinschaftsrecht - Grundsätze - Gleichbehandlung - Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit - Staatliche Entschädigung der Opfer von Gewalttätigkeiten - Diskriminierung von Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten, die insbesondere als Dienstleistungsempfänger von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen - Verbot (EWG-Vertrag, Artikel 7)

 

Kernaussage: Touristen sind als Dienstleistungsempfänger anzusehen und somit freizügigkeitsberechtigt.

 

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EuGH U. v. 27.04.1989 Kom/Belgien Rs. 321/87

Freizügigkeit - Einreise - und Aufenthaltsrecht der  Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten - Verpflichtung, die  Aufenthalts - oder Niederlassungserlaubnis ständig bei sich zu  tragen - Kontrolle bei der Einreise in das Hoheitsgebiet eines  Mitgliedstaats - Zulässigkeit - Voraussetzungen (RL des Rates 68/360, Artikel 3, und 73/148, Artikel 3)

 

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EuGH U. v. 05.03.1991 “Giagounidis” Rs. C-376/89

Freizügigkeit - Einreise- und Aufenthaltsrecht der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten - Für die Gewährung des Aufenthaltsrechts vorzulegende Unterlagen - Vorlage eines gültigen Personalausweises, der seinen Inhaber nicht zur Ausreise berechtigt - Ausreichender Nachweis für die Identität und die Staatsangehörigkeit (Richtlinie 68/360/EWG des Rates, Artikel 4 Absatz 1)

 

Kernaussage: Freizügigkeit kann auch mit einem Personalausweis beansprucht werden, der nicht zum Grenzübertritt berechtigt.

 

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EuGH U. v. 30.05.1991 “Kom/Niederlande” Rs. C-68/98

Freizügigkeit - Einreise- und Aufenthaltsrecht der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten - Grenzkontrollen Pflicht zur Angabe des Zwecks und der Dauer der Reise sowie der Mittel, die deren Durchführung erlauben - Unzulässigkeit (RL 68/360 und 73/148 des Rates)

 

Kernaussage: Die einzige Voraussetzung, von der die Grenzpolizei die Einreise eines EU-Bürgers abhängig machen kann, ist die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses. Es kann nicht der Nachweis verlangt werden, dass die Voraussetzungen der einzelnen Freizügigkeitsrechte erfüllt werden. Fragen nach Aufenthaltszweck und finanzielle Mittel sind unzulässig.

 

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EuGH U. v. 07.07.1992 “Singh” Rs. C-370/90

Freizügigkeit innerhalb der EG: Aufenthaltsrecht des Ehegatten eines Gemeinschaftsbürgers, der in sein Herkunftsland zurückkehrt, um sich dort niederzulassen

 

Kernaussage: Nimmt ein EU-Bürger mit seinem drittausländischen Ehegatten in einem anderen EU-Staat das Freizügigkeitsrecht wahr, so muss dem Ehegatten bei Rückkehr zumindest eine Rechtsstellung gewährt werden, die dem Freizügigkeitsrecht entspricht.

 

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EuGH U. v. 09.08.1994 “Vander Elst” Rs. C-43/93

Freier Dienstleistungsverkehr - Diskriminierungsverbot - In einem Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen, das während der für die Erledigung von Arbeiten nötigen Zeit mit Beschäftigten, die einem Drittland angehören, grenzüberschreitend tätig wird - Anwendung der nationalen Vorschriften, die den Zugang von Arbeitnehmern aus Drittländern zur Beschäftigung regeln, durch den Aufnahmemitgliedstaat - Unzulässigkeit bei Arbeitnehmern, die im Mitgliedstaat der Niederlassung des Arbeitgebers ordnungs-gemäß beschäftigt sind (EWG-Vertrag, Artikel 59 und 60)

 

Kernaussage: Drittausländer, die ordnungsgemäß und dauerhaft bei einem Unternehmen in der EU beschäftigt sind, können für ihr Unternehmen genehmigungsfrei (ohne Visum, ohne Arbeitsgenehmigung) grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen.

 

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EuGH, U. v. 19.01.1999 - „Calfa“ - Rs. C-348/96

 

Kernaussage: Eine strafrechtliche Verurteilung allein rechtfertigt keine Beschränkung der Freizügigkeit. Eine Einreisesperre darf als Folge eines Rauschgiftdelikts nur verhängt werden, wenn das persönliche Verhalten des EU-Bürgers eine hinreichend schwere, gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

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EuGH U.v.  5. Juni 1997 „Uecker“  Rs. C-64/96 u. C-65/96.

Freizügigkeit der Arbeitnehmer - Recht des Ehegatten eines Gemeinschaftsangehörigen mit der

Staatsangehörigkeit eines Drittlands, irgendeine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis auszuüben - Auf einen Mitgliedstaat beschränkter, rein interner Sachverhalt.

 

Kernaussage: Freizügigkeit für Familienangehörige aus Drittstaaten nur im jeweils anderen EU-Staat.

 

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EuGH U. v. 17.06.1997 “Shingara” Rs. C-65/95 und C-111/95

1 Freizügigkeit - Ausnahmen - Ausländerrechtliche Entscheidungen - Rechtsweggarantien - Bedeutung - Gleicher Zugang von eigenen und von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten zu den Gerichten - Rechtsbehelf gegen Verwaltungsakte (Richtlinie 64/221 des Rates, Artikel 8)

2 Freizügigkeit - Ausnahmen - Ausländerrechtliche Entscheidungen - Verweigerung der ersten Aufenthaltserlaubnis - Entfernung aus dem Hoheitsgebiet vor Erteilung einer solchen Erlaubnis - Voraussetzungen der Prüfung durch die zuständige Stelle (Richtlinie 64/221 des Rates, Artikel 9)

3 Freizügigkeit - Ausnahmen - Ausländerrechtliche Entscheidungen - Einreiseverbot - Neuer Antrag des Betroffenen auf Einreise nach Ablauf einer angemessenen Frist - Rechtsweggarantien - Stellungnahme der zuständigen Stelle (Richtlinie 64/221 des Rates, Artikel 8 und 9).

 

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EuGH U. v. 12.05.1998 “Transitvisum Flughafen” Rs. C-170/96

1 Nichtigkeitsklage - Zuständigkeit des Gerichtshofes - Aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 des Vertrages über die Europäische Union angenommene Rechtsakte - Grenzen (EG-Vertrag, Artikel 100c und 173, Vertrag über die Europäische Union, Artikel K.3 Absatz 2, Artikel L und Artikel M)

2 Rechtsangleichung - Artikel 100c EG-Vertrag - Anwendungsbereich - Visumregelung für den Transit auf Flughäfen - Ausschluss - Von einer gemeinsamen Maßnahme im Sinne von Artikel K.3 Absatz 2 des Vertrages über die Europäische Union erfasster Bereich (EG-Vertrag, Artikel 3 Buchstabe d und 100c Absatz 1; Vertrag über die Europäische Union, Artikel K.3 Absatz 2)

 

Kernaussage: Keine Zuständigkeit der EU (in der 1. Säule der EU) zur Regelung von Flughafen-Transitvisa (=Schengen-Visa Typ A)

 

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EuGH U.v. 21.09.1999 “Wijsenbeek” Rs C-378/97

Freizügigkeit - Recht der Bürger der Europäischen Union, sich frei zubewegen und aufzuhalten -

Grenzkontrollen - Nationale Regelung, die aus einem anderen Mitgliedstaat kommende Personen zur Vorlage eines Reisepasses verpflichtet"

 

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EuGH U. v. 09.11.2000 “Yiadom” Rs. C-357/98

Freizügigkeit - Ausnahmen - Ausländerrechtliche Entscheidungen - Vorübergehende Aufnahme - Rechtsweggarantien - Rechtsbehelfe - Artikel 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG

 

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EuGH U. v. 11.07.2002 “Carpenter” Rs. C-60/00

Freier Dienstleistungsverkehr - Artikel 49 EG - Richtlinie 73/148/EWG - Angehöriger eines Mitgliedstaats, der in diesem Staat wohnt und Dienstleistungen für in anderen Mitgliedstaaten wohnende Personen er-bringt - Aufenthaltsrecht eines Ehegatten, der Staatsangehöriger eines Drittstaats ist, in diesem Mitgliedstaat

 

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EuGH U. v. 25.07.2002 ”MRAX“ Rs. C-459/99

Einem Drittstaat angehörende Ehegatten von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten - Visumpflicht - Einreiserecht für Ehegatten ohne Ausweis oder Visum - Aufenthaltsrecht für illegal eingereiste Ehegatten - Aufenthaltsrecht für legal eingereiste Ehegatten, deren Visum zum Zeitpunkt der Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist

 

Kernaussage: Das Freizügigkeitsrecht von mit EU-Bürgern verheirateten Drittausländern ergibt sich unmittelbar aus dem EU-Recht, unabhängig davon, ob ein Mitgliedstaat eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Kann ein Drittausländer an der Grenze nachweisen, dass er mit einem EU-Bürger verheiratet ist, darf er nicht wegen Fehlens eine Passes oder Ausweises bzw. eines Visums (für die Einreise) zurückgewiesen werden.

 

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EuGH U. v. 17.09.2002 “Baumbast” Rs.-C-413/99

Freizügigkeit - Wanderarbeitnehmer - Aufenthaltsrechte der Familienangehörigen des Wanderarbeitnehmers - Anspruch der Kinder auf Fortsetzung ihrer Ausbildung im Aufnahmemitgliedstaat - Artikel 10 und 12 der VO (EWG) Nr. 1612/68 - Unionsbürgerschaft - Aufenthaltsrecht - Richtlinie 90/364/EWG - Beschränkungen und Bedingungen       

 

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EuGH U.v. 20.11.2001 “Jany” Rs. C-268/99

Außenbeziehungen - Assoziierungsabkommen Gemeinschaften/Republik Polen und Gemeinschaf-ten/Tschechische Republik - Niederlassungsfreiheit - Begriff der Erwerbstätigkeit - Frage der Einbeziehung der Prostitutionstätigkeit

 

Kernaussage: Prostitution ist Erwerbstätigkeit, unterfällt grundsätzlich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Dienstleistungsfreiheit und kann auch selbständig ausgeübt werden.

 

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EuGH U.v. 20.09.2001 “Grzelczyk” Rs. C-184/99

Artikel 6, 8 und 8a EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 12 EG, 17 EG und 18 EG) - Richtlinie 93/96/EWG des Rates -Aufenthaltsrecht der Studenten - Nationale Gesetzgebung, die nur Inländern, den nach der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 Berechtigten, Staatenlosen und Flüchtlingen die Gewährung des Existenzminimums („Minimex') garantiert – Ausländischer Student, der während der ersten Studienjahre für seinen Unterhalt selbst aufgekommen ist

 

Kernaussage: Kein automatisches Erlöschen des allgemeinen Freizügigkeitsrechts (Art. 18 EGV) bei Sozialhilfebezug. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen können aber verfügt werden, wenn Sozialhilfe über Gebühr in Anspruch genommen wird.

 

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EuGH U.v.26.11.2002 “Olazabal” Rs C-100/01

Freizügigkeit - Beschränkungen - Öffentliche Ordnung - Ordnungsbehördliche Maßnahmen, die das Aufenthaltsrecht eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats auf einen Teil des nationalen Hoheitsgebiets beschränken

 

Kernaussage: Ordnungsbehördliche Maßnahmen, die das Aufenthaltsrecht eines EU-Bürgers auf einen Teil des nationalen Hoheitsgebiets beschränken, sind (nur) zulässig, wenn auch für eigene Staatsangehörige vergleichbare und wirksame Maßnahmen zu Abwehr einer entsprechenden Gefahr getroffen werden.

 

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EuGH U.v. 21. Oktober 2003  „Abatay“ Rs.C-317/01 u. C-369/01

Assoziation EWG-Türkei - Auslegung von Artikel 41 Absatz 1 des Zusatzprotokolls und von Artikel 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates - Aufhebung der Beschränkungen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs - Stillhalteklauseln - Unmittelbare Wirkung - Bedeutung - Regelung eines Mitgliedstaats, nach der auf dem Gebiet des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs eine Arbeitserlaubnis erforderlich ist

 

Kernaussage: Auf die Dienstleistungsfreiheit können sich auch die Beschäftigten eines Unternehmens berufen, wenn das Unternehmen grenzüberschreitende Dienstleistungsfreiheit in Anspruch nehmen kann.

 

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EuGH U. v. 23. 9 2003 „Akrich“ Rs. C-109/01

Freizügigkeit der Arbeitnehmer - Angehöriger eines Drittstaats, der mit einem Angehörigen eines Mitgliedstaats verheiratet ist - Ehegatte, der in diesem Mitgliedstaat mit einem Einreise- und Aufenthaltsverbot belegt ist - Vorübergehende Niederlassung des Ehepaars in einem anderen Mitgliedstaat - Niederlassung in der Absicht, dem Ehegatten nach Gemeinschaftsrecht einen Anspruch zu verschaffen, in den ersten Mitgliedstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten -

Missbrauch

 

Kernaussage: Ein Familienangehöriger aus einem Drittstaat, kann sich grundsätzlich nicht auf ein abgeleitetes Freizügigkeitsrecht berufen, wenn er sich zuvor rechtswidrig in einem EU-Staat aufgehalten hat.

 

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EuGH U. v. 29. April 2004  „Orfanopoulos Rs. C-482/01 und C-493/01

"Freizügigkeit - Öffentliche Ordnung - Richtlinie 64/221/EWG - Ausweisung wegen Verstößen gegen das Strafgesetz - Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer und der persönlichen Verhältnisse - Grundrechte - Schutz des Familienlebens - Berücksichtigung von Umständen, die nach der letzten verwaltungsbehördlichen Entscheidung und der Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung durch ein Verwaltungsgericht eingetreten sind – Recht des Betroffenen, bei einer zur Stellungnahme berufenen Stelle Zweckmäßigkeitserwägungen geltend zu machen"

 

Kernaussage: Die Ausweisung von EU-Bürgern aufgrund der Regelausweisungsbestimmungen gem. § 47 AuslG-1990 (jetzt § 53 AufenthG) ist mit dem Freizügigkeitsrecht unvereinbar. Vor einer Ausweisung eines EU-Bürgers muss eine zweite Stelle die Entscheidung unter Einschluss der Zweckmäßigkeit überprüfen. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verfügten Ausweisung sind Umstände zu berücksichtigen die in dem Zeitraum zwischen der Behördenentscheidung und der Überprüfungs-/Gerichtsentscheidung eingetreten sind.

 

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EuGH U. v. 19.10.2004 „Chen“ Rs. C-200/ 02

"Artikel 18 EG - Richtlinien 73/148/EWG und 90/364/EWG - Minderjähriger Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats - Aufenthaltsrecht in einem anderen Mitgliedstaat - Recht der Mutter mit der Staatsangehörigkeit eines Drittlandes, sich in diesem Mitgliedstaat aufzuhalten - Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit"

 

Kernaussage: Eine chinesische Staatsangehörige gebar in Nordirland ein Kind, das dadurch die irische Staatsangehörigkeit erlangte. Sie wollte dann mit dem Kind im Rahmen des allgemeinen Freizügigkeitsrechts gem. Art. 18 EGV in Großbritannien leben. Das Recht zum Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat steht auch einem noch nicht handlungsfähigen minderjährigen (Säugling, Kleinkind) EU-Bürger zu. Der gesetzliche Vertreter (hier die sorgeberechtigte Mutter) kann für das Kind bestimmen, ob es von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch macht. Das Recht eines Minderjährigen, sich in einen anderen EU-Staat zu begeben und sich dort aufzuhalten, erstreckt sich auch einen drittstaatsangehörigen Sorgeberechtigten, da der Minderjährige ansonsten sein Freizügigkeitsrecht nicht ausüben könnte.

 

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EuGH U. v. 19.01.2006 „Kommission/Deutschland“ Rs C‑244/04 - Die deutsche Praxis, von drittausländischen Arbeitnehmern, die für ein EU-Unternehmen in Deutschland eine Dienstleistung erbringen wollen, vor der Einreise ein Visum zu verlangen (sog. „Vander-Elst-Visum“), stellt eine unzulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 49 EGV dar (ähnlich auch EuGH U. v. 21.09.2006 „Kommission/Österreich“ Rs C- 168/04).

 

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EuGH U. v. 31. 01.2006 „Kommission/Spanien“ Rs. C‑503/03 - Die Ausschreibung von drittausländischen Familienangehörigen von EU-Bürgern im SIS zur Einreiseverweigerung ist unzulässig, es sei denn, es wurde vorher geprüft, dass die Anwesenheit dieser Personen eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellt. Der Begriff der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 2 der RL 64/221/EG (jetzt Art. 27 RL 2004/38/EG) entspricht nicht dem des Art. 96 SDÜ. Insbesondere ist eine Ausschreibung / Einreiseverweigerung nicht - wie nach Art. 96 II a SDÜ vorgesehen - bereits deshalb zulässig, weil die Person eine Straftat begangen hat.

 

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EuGH U. v. 21.09.2006 „Kommission/ Österreich“ Rs C-168/04.  Der EuGH stellt klar,  dass es mit der Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 49 EGV nicht vereinbar ist, von Drittausländern für die Erbringung einer grenzüberschreitenden Dienstleistung in einem anderen EU-Staat die vorherige Einholung einer Genehmigung in Form eines Visums zu verlangen.

 

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EuGH U. v. 03. 10. 2006 „Bot“ Rs. C-241/05

Art. 20 I SDÜ ist dahin auszulegen, dass der Begriff „erste Einreise“ im Sinne dieser Bestimmung außer der zeitlich ersten Einreise in den Schengen-Raum auch die erste Einreise dorthin nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten ab dieser zeitlich ersten Einreise sowie jede weitere erste Einreise umfasst, die nach Ablauf jeder neuen Frist von sechs Monaten ab einem vorangegangenen Datum der ersten Einreise erfolgt.

 

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EuGH U. v. 09.01.2007 „Jia“  Rs. C-1/05

Die Gewährung eines Aufenthaltsrechts für drittstaatsangehörige Familienmitglieder eines EU-Bürgers, der von der Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, nicht an die Voraussetzung gebunden ist, dass sich dieses Familienmitglied vorher rechtmäßig in einem anderen EU-Staat aufgehalten hat.  Zu den Familienangehörigen, die berechtigt sind, mit dem EU-Bürger in einen anderen EU-Staat zu gehen oder ihm dorthin nachzuziehen, gehören u. a. auch seine Verwandten in gerader aufsteigender Linie (Eltern) und in gerader absteigender Linie, die das 21. Lebensjahr vollendet haben (Kinder), wenn diesen von ihm Unterhalt gewährt wird. Unter „Unterhalt gewährt“ ist zu verstehen, dass der Angehörige der materiellen Unterstützung durch den EU-Bürger bedarf, um seine Grundbedürfnisse in seinem Herkunftsstaat in dem Zeitpunkt zu decken, in dem er beantragt, dem EU-Bürger zu folgen. Eine tatsächliche Unterhaltszahlung genügt nicht, sondern nur, wenn sie nötig ist, um den Unterhaltsbedarf zu decken. Der Nachweis des Unterhaltsbedarfs kann mit jedem geeigneten Mittel geführt werden, wobei die Behörde sich mit einer  bloßen Verpflichtungserklärung nicht zufrieden geben muss.

 

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EuGH U. v. 20.09.2007 „Tum&Dari“ Rs. C-16/05

Assoziierungsabkommen EWG-Türkei − Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls − Stillhalteklausel − Geltung − Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, der nach dem Inkrafttreten des Zusatzprotokolls neue Beschränkungen für die Aufnahme türkischer Staatsangehöriger in seinem Hoheitsgebiet, die dort von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen wollen, eingeführt hat

 

Kernaussage: EuGH hat auf die Vorlage des House of Lords (Großbritannien) entschieden, dass die „Stand-Still-Klausel“ gem. Art. 41 I Zusatzprotokoll zum Ass. Abk. EU-TK (ZP) es einem EU-Staat verbietet, ab dem Zeitpunkt, ab dem für diesen EU-Staat das ZP verbindlich ist (z.B. für Deutschland und Großbritannien mit Inkrafttreten des ZP am 01.01.1973), neue Einreisebeschränkungen - einschließlich Verschärfungen im Visumrecht - einzuführen. Türkische Staatsangehörige sind demnach in Großbritannien (und auch in Deutschland) einreiserechtlich so zu behandeln, wie es das jeweilige nationale Recht am 01.01.1973 vorgesehen hat (siehe auch Report Nr. 16  Seite 1).

 

 

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EuGH U. v. 25.07.2008 „Metock“ Rs. C‑127/08

Einem drittausländischen Familienangehörigen eines EU-Bürgers steht das abgeleitete Freizügigkeitsrecht  gem. RL 2004/38/EG zu, unabhängig davon, ob er sich zuvor  rechtmäßig,  nicht  rechtmäßig oder noch gar nicht in einem EU-Staat aufgehalten hat. Ein drittausländischer Ehegatte  kann sich auf die Bestimmungen dieser RL unabhängig davon berufen, wann oder wo die Ehe geschlossen wurde oder wie er in den Aufnahmemitgliedstaat eingereist ist. An der teilweise anders lautenden Entscheidung im Fall „Akrich“ (EuGH U. v. 23. 9 2003  Rs. C-109/01) hält das Gericht ausdrücklich nicht mehr fest. Wollen drittausländische Familienangehörige erstmalig in das EU-Gebiet einreisen, um zu einem EU-Bürger zu ziehen, der sich in einem EU-Staat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, gilt  hierfür das EU-Recht insb. die RL 2004/38/EG und nicht das nationale  Zuwanderungsrecht. Dieses Einreiserecht darf nur unter Beachtung der Art. 27 und 35 der RL 2004/38/EG beschränkt werden.  Ist der Drittausländer unrechtmäßig eingereist, dürfen - nachdem er Familienangehöriger eines EU-Bürgers geworden ist und abgeleitetes Freizügigkeitsrecht genießt - nur noch Sanktionen verhängt werden, die sein Freizügigkeitsrecht nicht beeinträchtigen, etwa Geldbußen, sofern sie verhältnismäßig sind.

 

 

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EuGH v.   19.02.2009 „Soysal“ Rs. C-228/06

Art. 41 I des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen EWG-Türkei ist dahin auszulegen, dass er es ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls zum 01.01.1973 verbietet, ein Visum für die Einreise türkischer Staatsangehöriger in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verlangen, die dort Dienstleistungen für ein in der Türkei ansässiges Unternehmen erbringen wollen, wenn ein solches Visum zu jenem Zeitpunkt nicht verlangt wurde. Türken konnten am 01.01.1973 im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit visumfrei nach Deutschland reisen. Diese Rechtslage gilt fort. Die Einführung der Visumpflicht für Türken 1980 ist aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht wirksam geworden. Der EuGH führt ausdrücklich aus, dass daran auch die VO 539/2001/EG nichts ändert, denn die von der  Gemeinschaft geschlossenen völkerrechtlichen Übereinkommen haben Vorrang vor den Rechtsakten des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts. 

 

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EuGH  U. v. 22.06.2010 verb. Rs. C-188/10, C-189/10 „Melki und Abdeli“

Der EuGH hat die Frage der Zulässigkeit von verdachtsunabhängigen Kontrollen (sog. Schleierfahndung) im Schengen-Binnengrenzraum entschieden.   Art. 67 II AEUV sowie Art. 20 und 21 SGK stehen einer nationalen Rechtsvorschrift entgegen, welche die Polizeibehörden ermächtigt, ausschließlich innerhalb eines 20-km-Binnengrenzraumes verdachtsunabhängig zu kontrollieren ohne den notwendigen Kompetenzrahmen der Behörden vorzusehen, der sicherstellt, dass die praktische Ausübung dieser Kompetenz nicht die gleiche Wirkung haben kann wie Grenzübertrittskon-trollen. Verdachtsunabhängige Kontrollen (Schleierfahndung) im Grenzraum sind damit nicht per se unzulässig. Der EuGH fordert aber, dass eine Befugnisnorm, die Kontrollen im Binnengrenzraum erlaubt, eine Einschränkung enthalten muss, die sicherstellt, dass bei ihrer praktischen Anwendung die Vorgaben des Art. 21 SGK (keine Grenzkontrolle zum Ziel, Intensität und Häufigkeit der Kontrollen) eingehalten werden.

 

 

 

 

 

 

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH)

 

Der EuGH (Rechtsgrundlage siehe Art. 220 ff EGV) hat seinen Sitz in Luxemburg. Er besteht aus 25 Richtern und wird von acht Generalanwälten unterstützt, die von den Regierungen der EU-Staaten einvernehmlich für 6 Jahre ernannt werden.

 

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Der EuGH kann auf zwei Wegen eingeschaltet werden. Zum einem über das Vorabent-scheidungsverfahren, zum anderen über direkte Klagen. Im Vorabentscheidungsverfahren (Art. 234 EGV) legen nationale Gerichte (aller Instanzen) dem EuGH Fragen zur Auslegung des EU-Rechts vor, die für anhängige Klagen von Bedeutung sind. Die Zuständigkeit für direkte Klagen ist abschließend festgelegt, u.a. Vertragsverletzungsklagen (Art. 226 EGV - Kommission gegen einzelne Mitgliedsstaaten; Art. 227 EGV - Klage eines Mitgliedsstaats gegen einen anderen).

 

Im Bereich des Titels IV (Visa, Asyl, Einwanderung, freier Personenverkehr) sind Vorabentscheidungsverfahren nur statthaft, wenn der Instanzenweg der nationalen Gerichte ausgeschöpft ist, d.h. nur Gerichte, deren Entscheidungen nicht mehr mit nationalen Rechtsmitteln angefochten werden können, sind zur Vorlage berechtigt. Der Rat, die Kommission oder ein Mitgliedstaat können dem Gerichtshof Fragen zur Auslegung des Titels IV oder eines auf diesen Titel gestützten Rechtsakts zur Entscheidung vorlegen (Art. 68 EGV).

Der EuGH hat enormen Einfluss auf die Entwicklung des EU-Rechts genommen. Mit bahnbrechenden Urteilen, häufig gegen nationale Bedenken und Vorbehalte, hat der EuGH das EU-Recht beeinflusst. Er hat die Entwicklung des EU-Rechts vom Völkerrecht, welches grundsätzlich nur Staatenverpflichtungen enthält, hin zu supranationalem Recht, das unmittelbar ohne Umsetzung in nationales Recht Wirkung für den einzelnen Bürger erzeugen kann sowie den Vorrang des EU-Rechts vor nationalem Recht, weiterentwickelt und durchgesetzt.

Jeder Mitgliedstaat stellt einen Richter am EuGH. Dem EuGH war bis zum Inkrafttreten des Nizza-Vertrages für bestimmte Klagen ein Gericht erster Instanz (EuG) beigeordnet, das nun selbstständig ist und weitere Kompetenzen erhalten hat. Auch für das EuG wird mindestens ein Richter aus jedem Mitgliedsstaat entsandt. Das EuG ist vor allem für Klagen wegen Versäumnissen der Gemeinschaftsorgane und für Streitsachen zwischen der Gemeinschaft und ihren Bediensteten zuständig, aber auch für Vorabentscheidungen in Bereichen, die der Rat der EU in der Satzung des Gerichtshofs einstimmig festlegt.

 

Der EuGH entscheidet nach den in einer Satzung festgelegten Fällen in Kammern mit drei oder fünf Richtern oder als „Große Kammer“ mit 11 Richtern. Nur in bestimmten Amtsenthebungsverfahren tagt er als Plenum in voller Besetzung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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